Dienstag, 6. Dezember 2016

Mein Gespräch mit Karin Robrahn-Faul vom CD-Atelier "schwesternzeit" / My Talk with CEO of "schwesternzeit"


In Hamburg schon längst eine Institution, vielleicht sogar schon deutschlandweit. Die Rede ist vom Atelier "schwesternzeit" auf der Framheinstraße1 in Hamburg. Für Crossdresser, und solche die es werden möchten, ist dies im hohen Norden Anlaufstelle Nummer 1. Und für all diejenigen die bisher noch nichts vom Atelier "schwesternzeit" gehört haben, habe ich heute wieder etwas ganz besonderes: Ich hatte die Möglichkeit und konnte mit Karin Robrahn-Faul (Inhaberin von schwesternzeit) ein intensives und ausführliches Gespräch führen. Ich denke, daß all Ihre Antworten nicht nur für Crossdresser informativ und interessant sein dürften, sondern auch für alle anderen Menschen die einfach mehr über das Thema erfahren möchten.

Und hier findet Ihr "schwesternzeit" im Internet: Klick Mich





01 – Karin, Sie führen in Hamburg das Atelier "Schwesternzeit". Wie kam es zu dessen Gründung?
Vor über 3 Jahren hatte ich mit einer TV-Maßanfertigungskundin einen Fotoshoot Termin bei Special Trade ausgemacht. Damals bearbeitete ich zunehmend mehr Anfertigungen aus der Crossdresserszene für das Label Sahne-schnitte.com. Die Eigentümer von Special Trade wurden auf das Thema Modedesign und Maßanfertigung für spezielle Kundenwünsche in Hamburg aufmerksam und wollten mich kennenlernen. Aus dem Grundsatz, für Crossdresser auch im Norden das formgebende Warenangebot von Special Trade anbieten zu können, entwickelte sich das ganzheitliche Konzept von schwesternzeit.de. Die Planungsphase war dann innerhalb eines halben Jahres abgeschlossen, schwesternzeit eröffnete November 2013.

02 - Wie waren die Reaktionen in Ihrem persönlichen Umfeld, als bekannt wurde, daß Sie ein Geschäft für Crossdresser eröffnen möchten - mussten Sie viel Überzeugungsarbeit leisten?
Während des halben Jahres Planung führte ich viele Gespräche, in denen mich eher meine Gesprächspartner davon überzeugten, mit welchen Risiken und Chancen im Bereich des Cross Dressings zu tun habe - also war das Ergebnis ein positives Konzept, ein wohlwollender Prozeß, in dem mich meine Gesprächspartner begleiteten. Überzeugungsarbeit habe ich heute eher damit, den Schwestern zu verdeutlichen, daß sie so individuell jeder Mensch ist durchaus gut bei uns in Hamburg aufgehoben ist. Viele tragen noch das Gefühl in sich, daß sie mit ihrer "en femme"-Facette der einzige Mensch auf der Welt sind, was sich ja mit der Entwicklung des Internets vollkommen erledigte. Aber die gewahrte Privatsphäre innerhalb unseres Ateliers sorgt auch stets dafür, daß Crossdresser sich bei uns geschützt fühlen dürfen. Und wenn wir in unserer schönen und aufregenden Stadt rausgehen, eröffnet sich dem schwesterherz sowieso eine neue Welt!

03 - Bekamen Sie gleich nach Geschäftseröffnung regen Kundenzulauf in Ihrem Geschäft oder gestaltete sich die Anfangszeit doch etwas schwierig?
Das Atelier trägt sich seit dem dem ersten Monat der Eröffnung, Jennifer.

04 - Ihr Angebot im Atelier fällt sehr vielfältig aus - welchen von Ihnen angebotenen Service nutzen Ihre Kunden am Häufigsten?
Ich bezeichne es als „den Schalter umlegen“. Innerhalb von 3 Std so auszusehen, wie man aussehen würde, wenn man als Frau geboren worden wäre. Was mir nach diesen Stunden der Mühegebung rund um einem bestimmten Wunschbild von Frau für schöne Wesen gegenüber stehen, erstaunt mich oft selbst. Aber in der Tat entsteht daraus auch ein Vertrauensverhältnis, das dann alle Bereiche, die inneren wie äußeren abholt und einen dynamischen Charakter entwickelt. Aber wir gehen auch oft eine oder mehrere perfekte Frisuren shoppen, machen sehr schöne Fotos oder lernen mittels der ausgeschriebenen Events die Stadt und deren Vorzüge kennen.

05 - Kommen zu Ihnen auch Kunden, die bisher noch keinen Kontakt zum Cross-Dressing hatten und lassen sich bei Ihnen zum Thema beraten oder haben all Ihre Kunden schon Erfahrungen als Crossdresser?
Nun, Crossdressing geht ja auch zuhause, ohne daß man als Mädel rausgeht. Der Wunsch, das bestmögliche Ergebnis mit sich selbst zu erleben und gespannt zu sein, was schwesternzeit gelingt, wird davon geleitet. Wie sich mein Gegenüber entscheidet liegt oft an den inneren Prozessen, den dritten erst nach dem 2 tun zu können. Also ob es ein kleiner Fotoshoot indoor oder ein komplettes Partywochenende mit haltbarem Makeup und passenden Styles aus dem Fundus wird, resultiert oft aus Bauchgefühl, dem Prozeß meines Gegenübers. Ich versuche jedenfalls äußerlich immer das Beste umzusetzen, was mir zur Verfügung steht und der Schwester deren Möglichkeiten an Lebensfreude aufzuzeigen.

06 – Karin, können Sie benennen, was im Fokus bei Ihren Crossdresser-Kunden steht: ist es bsw. einfach nur die Lust am Tragen weibl. Kleidung oder fühlen sich viele zu femininen Dingen hingezogen?
Natürlich ist das Atelier eine perfekte Anlaufstelle mit sämtlichen pragmatischen Tipps, die bei der Kegelrunde, dem Geschäftsessen oder beim Männersport eher für Aufruhr sorgen würden. Für viele ist es eine Kompensation, um in der harten Männerwelt eine Art Balance für sich herstellen zu können. Manche erleben gerne die gepflegte Schönheit, die sie an vielen Frauen mittlerweile vermissen, wenn man in sein Umfeld guckt. Und natürlich ist die Erotik, egal ob in einer festen Beziehung oder als „sich selbst befruchtende Einheit“ kein unwesentlicher Faktor fürs Crossdressing.

07 - Können Sie sagen, worauf Ihre Kundschaft beim Auftreten "en femme" am meisten Wert legt?
Auf die professionelle Auswahl der Möglichkeiten, die Ihnen durch das Atelier zur Verfügung steht. Auch ich lerne ständig dazu, lerne neues kennen und nehme alle Hinweise auf und gebe sie weiter. Mir ist das Wichtigste, Ästhetik und schöne Looks umzusetzen. Ich schöpfe aus der Vielfalt der Phantasie meines Gegenübers und liebe die Kreativität dabei. Das erzeugt das beste Gefühl überhaupt, das Glück. Ein besseres Feedback kann man sich für seine Zeit nicht wünschen!

08 - Wie helfen Sie Kunden die sich noch zu "schüchtern" fürs Cross-Dressing fühlen und denen es noch an Selbstvertrauen mangelt?
Ich lerne ja auch ständig neue Menschen kennen und erkläre daher gerne, wo wir sind, wie ich lebe, wer ich bin und wie ich dazu komme. Ich nehme mir auch dafür Zeit. Reden, gucken, schauen, wundern. All das dauert, bis man sich öffnet. Deshalb ist ja schnuppern immer in den 3 Std Öffnungszeiten drin und auch die erste Std. innerhalb eines persönlichen Kontaktes for free. Ja, in der Tat lasse ich mich auch erstmal kennenlernen, um diese Basis für das Vertrauen zu schaffen. Dann fällt es meist überhaupt nicht mehr schwer, von sich zu erzählen und man findet sich wie unter Freundinnen beim Austausch von persönlichen Dingen auf dem Sofa wieder…






09 - Aus Ihrer Zusammenarbeit mit Ihren Kunden können Sie da sagen, ob sich diese bei einem "en femme"-Ausflug wohler in einer Gruppe fühlen, oder geht so mancher CD auch gerne allein bsw. Spazieren oder Shoppen?
Für die Meisten ist es eine Erleichterung, erst einmal in der Gruppe unterwegs zu sein. Wir machen das ja auch recht fleißig, daß wir in der Community auf Bälle, Parties und Events gehen. Wenn ich mit einer Schwester beim ersten Freigang, oft auch tagsüber z.B. einkaufen gehe, erzähle ich auch gerne von der Damentoilette als Ort der Wahl oder daß man/ frau beim Shoppen die Verkäuferin nur entsprechend briefen muß, um ihren Fleiß als geschultes Fachpersonal dem zahlenden Kunden gegenüber hervorzubringen. Ich höre aber auch oft davon, daß die ersten Freigänge solo im Dunklen und weniger stark belebten Gegenden stattfinden, um den Kontakt zu anderen Menschen minimal zu halten, bzw Konfrontationen oder einer Identifikation vorzubeugen.

10 - Gibt es Ihrer Meinung nach eine "Goldene Regel" an die sich CDs halten sollten? Sprich, welchen Tipp würden Sie einem Crossdresser immer mit auf dem Weg geben?
Wir sind im dritten Jahrtausend. Auch wenn es noch etwas dauert, bis sich in unserem Kulturkreis die Menschen vollständig so zeigen, wie sie innerlich fühlen können wir uns dennoch schon sehr frei und glücklich schätzen. Mit dem was schon geht. Die Reise in eine andere Stadt wie unser weltoffenes Hamburg bietet Dir Möglichkeiten, die ein anderes Potential an Gefühlen in Dir hervorruft. Laß die Lebensfreude rein. Dein Kopfkino an Vorstellungen, was Dir alles passieren könnte, trifft zu 99% nicht zu. Nimmst Du ein Angebot eines Transgenderservices in Anspruch, hast Du einen Super Start in Dein eigenes Selbstbewußtsein, als Frau unterwegs zu sein. Nach meiner Erfahrung wird Dich nur zu 5% Deine eigene Mutter oder Frau auf der Straße erkennen. Laß Dich ein wenig entwickeln und nimm Unterstützung an. High Heels und zu kurze Röcke gehen - aber eher nur auf Parties oder Zuhause. Schaue vorher, was andere Frauen dort tragen, wo Du hin willst. Umso schneller sind wir mit dem Thema „Freakshow in den privaten Medien“ in diesem Jahrhundert durch und ebnen unserer Jugend, die heute schon teilweise androgyn unterwegs ist, ihren Lebensweg. Aber vor allem: trau Dich. Gern auch mit uns…

11 - Ihr Motto auf Ihrer Internetseite lautet: "Frei sein - Frau sein!" - das finde ich sehr schön. Können Sie definieren, wie man sich als Mann am besten wie eine Frau fühlen kann?
Jede Facette des Gefühls sollte im Laufe der Zeit gelebt und raus dürfen. Nicht weggesperrt und zwanghaft unterdrückt werden. Ich weiß zwar, daß die Gesellschaft es eher als unüblich wahrnimmt, wenn man als 2,10 Meter große Frau mit breiten Schultern unterwegs ist - aber es gibt durchaus tolerante Flecken auf unserer Erde, wo man schneller ins Innere guckt als nur in Vorurteilen am Äußerlichen hängenbleibt. Und schließlich machen Kleider ja auch Leute….!

12 - Wie ich aus unserem Gespräch heraus höre, verwenden Sie gerne des Wort "Schwester", anstatt bsw. Crossdresser oder Transe. Finden Sie persönlich, daß der Begriff "Schwester" am besten zu Männern mit weibl. Vorzügen passt? Bzw., wie sehen sich Ihre Kunden selbst: als CDs, Transen, oder doch als Frau?
Ich habe von den Schwestern den Begriff übernommen, die sich selbst untereinander so nennen. Mir kommt er etwas liebevoller vor als Transe. Da gibt es dann im Kopf einen Ruck in Sachen Transsexualität, mit der ich mich im Sinne der Mädels bei schwesternzeit gar nicht primär befasse. Sicherlich fällt bei einem Make Up Termin vor dem Spiegel ein typisches Friseurgespräch an oder bei der Auswahl eines bestimmten Dresses auch die Absicht der Provokation. Für mich bedeudet das aber eine zusätzliche Öffnung in ein neues Level des Vertrauens - und das bewerte ich gerne als sehr persönlich und positv. Das Innere meines Gegenübers hat auf jeden Fall mehr oder weniger ausgeprägte feminine Facetten. Ich gucke ja ganz viel nach Innen und nehme das Maskuline gar nicht mehr so wahr. Falls dann mal am Make Up Spiegel von einer Bettgeschichte die Rede ist, bleibt die vertraulich unter Freundinnen.

13 - Karin, nachdem wir über Geschäftliches gesprochen haben, würde ich gerne noch ein paar persönliche Fragen mit Bezug auf das Cross-Dressing an Sie richten und mit der folgenden beginnen. Wie kamen Sie das erste Mal mit dem Cross-Dressing in Berührung?
Im Rahmen meiner Tätigkeiten für Sahne-schnitte.com bekam ich in den letzten 10 Jahren immer mehr Kunden, die Crossdresser waren, hinzu. Die Problemzonen bzw besonderen Maße im Vergleich zur DOB sind ja hinreichend bekannt. Als diplomierte Modedesignerin, Schnittdirectrice und Damenschneiderin konnte ich mich mit den Kundenwünschen vertraut machen und dennoch für möglichst viel femininen Look sorgen. In den letzten 2 Jahren finde ich aber nur noch die Zeit für Änderungen, nicht mehr für Neuanfertigungen.

14 - Aus Ihrer Erfahrung heraus, denken Sie da, daß das Thema "Cross-Dressing" unter der Bevölkerung an Bekanntheit gewinnt oder sehen Sie dies eher als "Nischenprodukt"?
Ich denke, daß man immer mehr Crossdresser sieht. Ist man bei uns, wird man aber umso weniger wahrgenommen…smile. Oder bekommt umso mehr Komplimente wegen des sorgfältigen und attraktiven Erscheinungsbildes.

15 - Crossdresser werden von der Gesellschaft gerne als "Tunten", "Schwule" und "Idioten" betrachtet. Was müsste Ihrer Meinung nach getan werden, um Cross-Dressing aus dieser Sichtweise herauszuführen?
Na, wir sind ja mit den Filmprojekten schon beständig dabei, diese Vorurteile abzubauen und aufzuklären. Glücklicherweise kamen in den letzten 2 Jahren 2 lokale Fernsehsender auf uns zu und wollten das Thema Transformation mit entsprechend tiefgründigen Interviewinhalten umsetzen. Das dritte Filmprojekt wird den Winter 2016/17 hergestellt. Auf die Dreharbeiten freue ich mich besonders, denn wenn die öffentlich rechtlichen Fernsehgesellschaften recherchieren, sind gründliche und feinfühlige Dokumentationen zu erwarten.






16 - Denken Sie, daß (bekennende) Crossdresser von der Gesellschaft toleriert oder eher ausgeschlossen werden?
Es stellt immer eine Besonderheit dar, besondere Menschen im Leben kennenzulernen. Ich denke, daß es sich für einen selbst auch lohnt, sich genauer mit diesen Menschen auseinander zu setzen, um deren Hintergründe kennenzulernen. Daran können wir selbst reifen und uns weiterentwickeln. Es ist eine Chance für unseren eigenen Geist. Ich habe eher ein seltsames Gefühl, wenn ich mir all die Kiddies anschaue, die als Mädchen wie als Jungs in der Menge alle gleich aussehen. 100% vorgelebt aus den Medien und der Yellopress.

17 - Wo liegen für Sie die Gründe, daß Männer in eine Frauenrolle schlüpfen möchten?
Es gibt Anlagen in uns, die uns schon im Bauch unserer Mutter mitgegeben wurden. Die Kindheit bringt schon bestimmte Neigungen zutage. In der aufkeimenden Sexualität verstärkt sich die Vorliebe, sich für besondere Dinge zu interessieren, sich seine kleine persönliche Insel an schönen Dingen und Zeiten zu erschaffen. Das sind alles prägende Faktoren, die zu einem individuellen Muster werden. Es ist wie eine Rezeptur für ein besonders Gericht. Wir sind alle verschieden. Nicht alle schlagen sich gern, gehen auf den Fußballplatz und schrauben am ersten Mofa, nur weil sie im männlichen Geschlecht geboren sind. Zum Beispiel kann die Entspannung von all diesen Jungssachen durchaus darin liegen, die zarte Wäsche der älteren Schwester als inspirierenden Ausgleich an seinem eigenen Körper zu spüren. Dieses Ritual an Balancefindung bleibt einem gerne lebenslang erhalten. Das ist wichtig z.B. für die Kompensation von Stress. Das Streben nach der perfekten Nachahmung und den schönen Dingen beflügelt uns Menschen einfach, es ist ein dynamischer Prozeß.

18 - Was gefällt Ihnen persönlich am Erscheinungsbild eines Crossdressers am besten?
Ich muß lachen. Natürlich sind das die schönen Beine! Es ist einfach ideal, seine körperlichen Vorzüge zu kennen und zu betonen. Die Bekleidung von Frauen entdeckt sich mindestens 4 mal im Jahr wieder neu, die Möglichkeiten sich schön anzuziehen, mit sich zu spielen, zu flattern und zu schmücken sind daher endlos. Wie minimal sind dadurch die Möglichkeiten, sich als Mann geschmackvoll anzukleiden? Es geht zwar, aber es ist verdammt teuer. Aber sicher kommt dem Crossdresser der Hang zur mannigfaltigen Auswahl von schöner Damenkleidung auch nicht gerade günstig…. Frau sein ist noch teuerer.

19 - Und woran sollte so mancher Crossdresser ihrer Meinung nach noch "arbeiten"?
Es ist sicher gut, wenn im Bekanntenkreis eine Freundin existiert, die man um Ratschläge bitten kann. Die meisten Biofrauen haben sehr viel länger und mehr Übung in der Auswahl von Farben, Mustern, Material und Schnitt von Bekleidung und Schuhen als ein Crossdresser. Auch bei der Wahl der richtigen Frisur ist es gut, Beratung in Anspruch zu nehmen statt viele Fehlkäufe zu tätigen. Aber ich will mich nicht beklagen. Viele Mädels bringen ihre nicht passenden Errungenschaften und Outfits mit und bereichern so durchaus den Fundus von schwesternzeit. Und das paßt aber dann wieder jemand anderen… zu einer besonderen Gelegenheit. So bleibt alles lebendig.

20 - Denken Sie, daß durch bekannte Travestiekünstler/Drag Queens (bsw. Olivia Jones, Conchita Wurst) der Bevölkerung ein falsches Bild des Cross-Dressings vermittelt wird?
Ich denke, daß die beiden genannten Persönlichkeiten auch mal angefangen haben. Beide haben sich in ihrer Entwicklung entschlossen, aus vollem Herzen und Profession ihren Weg zu nehmen. Viele Crossdresser outen sich nicht. Die persönliche Angst seine soziale und berufliche Integrität zu verlieren ist vorrangig. Aber auch nicht jeder Crossdresser, der mehr Zeit als Frau verbringt, wenn der Gesellschaftliche Rahmen nicht wäre, würde sich automatisch zu einem Travestiekünstler entwickeln. Der Hang zur Selbstdarstellung, die Stimme, die Shilouette spielen da ja auch noch eine Rolle.

21 - Aus Ihrer Sicht als Frau gesehen: was glauben Sie, warum Männer sich zu femininen Dingen hingezogen fühlen?
Es ist eine Sehnsucht, sich in dieser Form ausgleichend um sich zu kümmern. Das Leben ist oft hart genug. Und es macht einfach Spaß, Frau zu sein. Wir Frauen in Europa haben die letzten 100 Jahre so viele Möglichkeiten erhalten, frei und selbstbewußt zu sein. Eigenständig zu denken, zu entscheiden und ein gutes Leben zu führen. Das finde ich schon verdammt sexy! Aber in umgekehrter Form darf man auch wissen, daß ich eine eigene Bohrmaschine besitze, lach….

22 - Ich selbst nehme immer gerne Abstand von engl. Begriffen, obwohl sich der Begriff "Crossdresser" für Männer wie mich etabliert hat. Dennoch mag ich das Wort "Transe" eher lieber. Allerdings sehen auch viele diesen Begriff als abwertend, oder sogar beleidigend - wie sehen Sie das?
Crossdressing ist in meiner Vorstellung zeitlich seltener wahrgenommen, das Transensein häufiger und expressiver. Landläufig gebe ich Ihnen aber Recht in der Wahrnehmung der Sprachwahl zwischen Crossdresser und Transe. Deshalb wählte ich ja den wertschätzenden Begriff Schwester bzw. schwesternzeit für unser Atelier in Hamburg.

23 - Abschließend möchte ich mich bei Ihnen bedanken und finde es super, daß sie sich die Zeit für mich und meine Fragen genommen haben! Ich fand unser Gespräch sehr aufschlußreich und finde es wirklich toll, daß Sie so offen und tolerant mit dem Thema Cross-Dressing umgehen und Sie allen CD´s in Ihrem "Schwesternzeit"-Atelier einen Ort zur Verfügung stellen, wo man auf Gleichgesinnte treffen und den ein oder anderen Service angeboten bekommt. Genau solche Orte geben uns CDs die Möglichkeit das nötige Selbstvertrauen in uns zu finden und als feminine Persönlichkeit aufzublühen. Karin, möchten Sie abschließend noch ein paar bestimmte Worte an meine Leser richten, bzw. haben Sie noch spezielle Tipps für uns Crossdresser?
Natürlich, liebe Jennifer. Aber fast jedes Mädel hat eine andere Besonderheit, kann sich an einem oder mehreren Punkten weiterentwickeln - und das bringt bei schwesternzeit dann individuelle Antworten wie auch eine individuell empfundene Zeit hervor…Das kann man an der Stelle nur ausprobieren. Und vielen Dank für Ihren ausgeklügelten Fragenkatalog an schwesternzeit!

11 Kommentare:

  1. Das ist sehr interessant liebe Jennifer. Ich finde das Wort "Freigang" etwas befremdlich.

    Liebe Grüße Sabine

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    1. Vielleicht war das nur scherzhaft gemeint - oder ein Hamburger "Dialekt"...;-) Ich selbst habe dazu nicht viel hinein interpretiert, aber vielleicht kann Karin das ja näher erläutern.

      Danke für deinen Kommentar!

      Jennifer

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    2. Liebe Sabine, Karin is calling...Du glaubst gar nicht, wie viele Menschen sich nicht nach draußen trauen. Nur innerhalb ihrer vier Wände mit eallen zugezogenen Vorhängen ihrer anderen Facette nachgehen. Niemanden etwas sagen und ihr Geheimnis tunlichst hüten. Insofern ist der erste Gang draußen mit dem Aspekt, sich seinen Befürchtungen zu stellen wirklich ein Freigang. Nur in seltenen Fällen tritt der befürchtete worst case ein. Wenn man nicht zu provokant tagsüber raus geht, fällt man oft erst auf dem dritten Blick ins Auge. Die flüchtige Passage, ganz normal bummeln, ohne erstauntes Hängenbleiben am Äußerlichen wird oft zur Befreiung Deines zweiten Ichs. Gottseidank leben wir in einer entwickelten westlichen Welt....

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  2. Liebe Jennifer,
    ein interessantes Interview. Mir gefällt, wie sorgfältig Du hinterfragst. Wie Männer sich zum Femininen hingezogen fühlen, fühlen Frauen sich manchmal zum Männlichen hingezogen. Das wird nur nicht so thematisiert, auf jeden Fall immer akzeptiert. Es gab eine Zeit, da trug ich gerne Männerkleidung. Lederjacke, Latzhose, Flanellhemd - zum Anzug fühlte ich mich nie hingezogen. Ich finde gerechterweise sollten auch Männer in Frauenkleidung endlich zum täglichen Stadtbild gehören.
    Sich mit fachkundiger Hilfe in so angenehmer Athmosphäre zu verwandeln, ist sicher eine feine Sache.
    Lieben Gruß
    Sabine

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    1. Hallo Sabine, ich finde es toll, daß du mein Gespräch mit Frau Robrahn-Faul hier so interessiert verfolgt hast!

      "Wie Männer sich zum Femininen hingezogen fühlen, fühlen Frauen sich manchmal zum Männlichen hingezogen." - das stimmt sicherlich, nur fallen Frauen in "Männerkleidung" weniger auf - da Frauen modisch so und so alles tragen dürfen.

      Liebe Grüße

      Jennifer

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  3. Hallo liebe Jennifer,
    das war ein Klasse Interview mit einer sehr interessanten Frau - tolle Sache, diese Einrichtung in Hamburg, und besonders gefällt mir, dass es hier Zeit gibt für gegenseitiges Kennenlernen und Vertrauen schaffen. Bestimmt wünschen sich jetzt viele nicht-hamburgische Crossdresser, näher an Hamburg dran zu leben ;-)) Mir gefällt übrigens die Bezeichnung "Schwester" deutlich besser als "Transe".
    Alles Liebe und herzliche rostrosige Adventgrüße,
    Traude
    http://rostrose.blogspot.co.at/2016/12/namibia-teil-2-kalahari-sundowner.html

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    1. Hallo Traude,

      "...tolle Sache, diese Einrichtung in Hamburg..." - in dt. Großstädten hat man viel mehr Möglichkeiten solche Ateliers zu finden, bzw. andere CD´s kennenzulernen. In der Provinz sieht es da schon schlechter aus.

      "Mir gefällt übrigens die Bezeichnung "Schwester" deutlich besser als "Transe"." - den Begriff "Schwester" hatte ich bisher nie in Bezug zum Cross-Dressing in meinem Kopf. Mir persönlich gefällt aber Transe sehr gut - ich sehe das nicht als "Schimpfwort" an. Eigentlich ist es ja nur die Abkürzung von "Transvestit", was wiederum der dt. Begriff für Crossdresser ist.

      Liebe Grüße

      Jennifer

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  4. Liebe Jennifer,

    ein kluges Interview mit der Karin. Ich hoffe, es wird zahlreich gelesen, weil es informativ ist.
    Mir gefällt das Motto: Frei sein-Frau sein, obwohl das Leben als Frau , wenn auch in den letzten Jahrzehnten wesentlich ungezwungener und emanzipierter geworden, immer noch etliche Zwänge aufweist. Nicht nur das Männerleben ist hart...
    Interessant finde ich deine Aussage in der Einleitung, wonach das Interview für CD's gedacht ist und "solche, die es werden möchten." Lässt sich das so entscheiden?
    "Transe" oder "Schwester"? Vielleicht sollte man den englischen Ausdruck Transsister benutzen. Aber eigentlich spielt das ja auch keine so große Rolle. Wichtig ist doch nur, dass sie alle in der Gesellschaft einen natürlichen Platz als Frau einnehmen können.

    Liebe Grüße

    Felicitas

    P.S. verzeih, falls du einen Kommentar ohne Abschlussgruß erhalten haben solltest. ich war einfach zu hastig auf der Tastatur.

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    1. "Ich hoffe, es wird zahlreich gelesen, weil es informativ ist." - die Klicks zu diesem Post sind bis jetzt recht zahlreich. Was auch daran liegen mag, daß ich diesen Post in einem CD-Foren verlinkt habe.

      "Interessant finde ich deine Aussage in der Einleitung, wonach das Interview für CD's gedacht ist und "solche, die es werden möchten." Lässt sich das so entscheiden?" - leider weiß ich nicht, wie genau deine Frage zu verstehen ist. Wenn es darum "...solche, die es werden möchten." gehen sollte, dann habe ich das auf Leute bezogen, die wie ich in ihrer Anfangszeit nicht wussten, warum in innen plötzlich solche Gefühle (für weibl. Dinge) deutlich spürbar wurden. Erst nach und nach wurde mir klar, daß ich im Begriff wurde eine Transe zu werden. Von daher habe ich diese Worte gewählt.

      ""Transe" oder "Schwester"? Vielleicht sollte man den englischen Ausdruck Transsister benutzen." - eigentlich finde ich es nicht sooo gut, so viele Begriffe für ein und dieselbe Sache zu "entwickeln". Das verkompliziert alles nur noch mehr - die meisten Menschen wissen doch nicht einmal etwas mit dem Wort "Crossdresser" anzufangen. Deshalb mag ich auch die dt. Begriffe dafür. Dennoch ist es nicht immer ganz leicht sich als Transe ausgeben zu müssen, wenn man doch eine Frau darstellen möchte...;-(
      Ich habe meinen Blog auch wohl bedacht als "Crossdresser" und nicht nur als "Jennifer" benannt: so wissen die Leser immer gleich, daß hier keine Bio-Frau schreibt.

      Danke liebe Felicitas für deinen Kommentar!

      Jenniufer

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  5. Very informative interview with Karin. I always love to meet new ladies on your blog. So cool that Karen has a CD Atelier. She seems to be a very talented lady. Her Atelier seems like such a lovely place. I would love to visit it too. I see so many nice dresses.

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    1. "Her Atelier seems like such a lovely place" - for sure, this is a lovely place and cool for every CD.

      Jennifer

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